Unterschied sexuelle Nötigung und Vergewaltigung
Die Begriffe „sexuelle Nötigung“ und „Vergewaltigung“ sind zentrale Tatbestände im Sexualstrafrecht. Obwohl sie häufig synonym verwendet werden, bestehen rechtlich klare Unterschiede hinsichtlich der Voraussetzungen und der Strafbarkeit.
Dieser Artikel erläutert die wesentlichen Differenzen zwischen beiden Delikten anhand der gesetzlichen Regelungen und der Rechtsprechung.
Auf welcher gesetzlichen Grundlage beruhen die sexuelle Nötigung und die Vergewaltigung und welche Strafen drohen?
Die sexuelle Nötigung ist in § 177 V StGB geregelt. Hiernach ist eine sexuelle Nötigung eine sexuelle Handlung, die vorsätzlich gegen den erkennbaren Willen des Sexualpartners durchgeführt wird, wobei der Täter entweder eine schutzlose Lage ausnutzt (§ 177 V Nr.3 StGB) oder die sexuelle Handlung mit Gewalt (Nr.1) oder Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (Nr.2) gegen das Opfer durchsetzt.
Zudem ist ein Fall der sexuellen Nötigung auch in § 177 II Nr.5 StGB normiert. Dieser Tatbestand ist dann erfüllt, wenn der Täter das Opfer zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung mit der Drohung eines empfindlichen Übels nötigt, wobei unter einem „Übel“ jeder Nachteil verstanden wird.
Die Vergewaltigung ist in hingegen in § 177 VI 2 Nr.1 StGB geregelt. Hiernach liegt eine Vergewaltigung dann vor, wenn der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind.
Für den Beschuldigten einer sexuellen Nötigung nach § 177 V StGB steht eine beträchtliche Strafe in Rede. Der Strafrahmen der Norm sieht eine Freiheitsstrafe von nicht unter einem Jahr bis zu 15 Jahren vor. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass nur bei einer Freiheitsstrafe nicht über zwei Jahren eine Aussetzung der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung in Betracht kommt (§ 56 II StGB).
Bei einer sexuellen Nötigung im Sinne des § 177 II Nr.5 StGB sieht das Gesetz einen Strafrahmen von einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 5 Jahren vor.
Die Vergewaltigung nach § 177 VI 2 Nr.1 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe von nicht unter zwei Jahren bis zu 15 Jahren bestraft, womit eine die Aussetzung der Strafvollstreckung zur Bewährung nahezu ausgeschlossen ist.
Worin unterscheiden sich die sexuelle Nötigung und die Vergewaltigung?
Im Wesentlichen beschreibt die sexuelle Nötigung jeden sexuellen Übergriff im Sinne der Absatz 1 gegen den Willen des Opfers. Es handelt sich also hierbei um eine Qualifikation des sexuellen Übergriffs. Die Vergewaltigung ist wiederum ein besonders schwerer Fall der sexuellen Nötigung. Diese liegt bei Beischlaf (Geschlechtsverkehr) oder besonders erniedrigenden beischlafähnlichen Handlungen an dem Opfer vor. Insbesondere das Eindringen in den Körper des Opfers ist kennzeichnend für beischlafähnlichen Handlungen (z. B. Oral- oder Analverkehr).
Von dem Vergewaltigungsbegriff sind zudem auch das Eindringen mit Gegenständen und in Einzelfällen auch das Eindringen mit den Fingern erfasst. Hier hängt die Strafbarkeit nach § 177 VI Nr.1 StGB von der Dauer und der Tiefe des Eindringens ab. Die Rechtsprechung kommt in den letzten Jahren aber immer häufiger zum Bejahen einer Vergewaltigung, wenn ein Eindringen mit dem Finger gegeben war. Damit trägt auch die Rechtsprechung dazu bei, dass das Sexualstrafrecht immer stärker verschärft wird.
Entscheidender Unterschied zwischen der sexuellen Nötigung und der Vergewaltigung ist demnach, dass die Vergewaltigung davon gekennzeichnet wird, dass ein Eindringen in den Körper des Opfers stattfindet, wobei gerade nicht nur der typische Fall des Beischlafs erfasst ist, sondern viel mehr bereits auch das Eindringen mit Gegenständen oder dem Finger in den Körper des Opfers.
Kanzlei Louis & Michaelis als Ihre Spezialisten für § 177 StGB
Seit 2005 verteidigen die Rechtsanwälte der Kanzlei für Strafrecht bundesweit Mandanten bei dem Vorwurf der sexuellen Nötigung nach § 177 V StGB bzw. der Vergewaltigung nach § 177 VI 2 Nr.1 StGB. Wir sind eine hoch spezialisierte Kanzlei, die Sie im Falle einer Vorladung als Beschuldigter umgehend konsultieren sollten. Wir werden umgehend in Aktion treten.