Grundsatzurteile im Bereich Vergewaltigung, aktuelle Rechtsprechung zur strafrechtlichen Bewertung und den rechtlichen Folgen

Hier haben wir für Sie die die wichtigsten aktuellen höchstrichterlichen Entscheidungen im Bereich der Sexualdelikte für Sie zusammengestellt. Diese Grundsatzurteile prägen maßgeblich die juristische Bewertung von Vergewaltigungsvorwürfen und können für Betroffene – sowohl auf Opfer- als auch auf Beschuldigtenseite – von entscheidender Bedeutung sein.

Voraussetzungen für einen Täter-Opfer-Ausgleich

BGH, Urteil vom 05.02.2025 – 6 StR 245/24, BeckRS 2025, 6050

Ein Täter-Opfer-Ausgleich nach § 46a Nr. 1 StGB kann strafmildernd wirken, erfordert jedoch:

  • Einen ernsthaften kommunikativen Prozess zwischen Täter und Opfer
  • Eine erkennbare Übernahme von Verantwortung durch den Täter
  • Die Akzeptanz der Leistung als friedensstiftenden Ausgleich durch das Opfer

Bei Gewaltdelikten wie Vergewaltigung ist in der Regel ein umfassendes Geständnis erforderlich. Ein eingeschränktes Geständnis steht der Anwendung des § 46a StGB jedoch nicht entgegen, wenn das Opfer dem unterbliebenen vollständigen Bekenntnis keine große Bedeutung beimisst und den Ausgleich dennoch akzeptiert.

K.O.-Tropfen als Tatmittel

BGH, Beschluss, NStZ-RR 2025, 139

K.O.-Tropfen stellen nach dieser Entscheidung weder für sich genommen noch bei Verabreichung in einem Getränk ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB dar. Dieses Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die strafrechtliche Einordnung und das Strafmaß bei Sexualdelikten unter Einsatz solcher Substanzen.

Ausweisungsentscheidungen nach Vergewaltigung

OVG Magdeburg, Urteil vom 29.10.2024 – 2 L 8/23, NVwZ-RR 2025, 157

Bei ausländischen Staatsbürgern, die wegen Vergewaltigung verurteilt wurden, kann eine Ausweisung auch allein auf generalpräventive Gründe gestützt werden, wenn die Tat einen besonderen Schweregrad aufweist.

Für die Aktualität des generalpräventiven Ausweisungsinteresses bilden die einfache Verjährungsfrist nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB und die doppelte Verjährungsfrist nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 StGB den maßgeblichen Rahmen. Innerhalb dieses Rahmens sind folgende Faktoren relevant:

  • Art der begangenen Straftaten
  • Etwaige Wiederholung der Straftaten
  • Öffentlichkeitswirksamkeit der Taten

Glaubhaftigkeitsprüfung bei Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen

BGH, Beschluss vom 28.08.2024 – 4 StR 197/24, BeckRS 2024, 42131

Bei der häufig auftretenden Konstellation „Aussage gegen Aussage“ hat der BGH wichtige Grundsätze zur Glaubhaftigkeitsprüfung aufgestellt:

  • Gravierende Inkonstanzen in Zeugenaussagen können ein Indiz für mangelnde Glaubhaftigkeit darstellen, sofern keine plausible Erklärung vorliegt
  • Werden Teile der angeklagten Tatvorwürfe nach § 154 Abs. 2 StPO eingestellt, müssen die Gründe hierfür mitgeteilt werden, da sie für die Glaubhaftigkeitsprüfung von Bedeutung sein können

Schwere körperliche Misshandlung und gefährliche Werkzeuge

BGH, Urteil vom 08.05.2024 – 5 StR 445/23, BeckRS 2024, 11286

Für eine schwere körperliche Misshandlung im Sinne des § 177 Abs. 4 Nr. 2a StGB alter Fassung ist ausreichend, dass die körperliche Integrität des Opfers „bei der Tat“ in einer Weise verletzt wird, die mit erheblichen Schmerzen verbunden ist. Die Anforderungen dürfen dabei nicht zu niedrig angesetzt werden.

Ein vaginaler Penetrationsvorgang mit einem harten Gegenstand (im konkreten Fall: einem Stein) kann als Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 177 Abs. 8 Nr. 1 StGB gewertet werden. Wichtig: Es ist nicht erforderlich, dass das gefährliche Werkzeug als Nötigungsmittel eingesetzt wird – der Einsatz als Werkzeug bei der sexuellen Handlung ist ausreichend.

Rechtliche Beratung bei Vergewaltigungsvorwürfen

Die juristische Bewertung von Sexualdelikten ist komplex und unterliegt einer ständigen Weiterentwicklung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung. Sowohl für Betroffene als auch für Beschuldigte ist eine frühzeitige und fachkundige Rechtsberatung unerlässlich.

Als erfahrener Strafverteidiger steht Ihnen Rechtsanwalt Louis in Essen für eine vertrauliche Beratung zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns für ein erstes Gespräch, um Ihre rechtlichen Möglichkeiten zu erörtern.